Tour de France Part 2

Bourg Saint-Maurice & Briancon

690 km

17.000 Höhenmeter

9 Etappen

6 Teilnehmer: Dominik, Fabian, Peter, Kjell, Collin, Marc

 

Als "Col Commuters" ging es fast in Pro-Team-Stärke zu Sechst nach Frankreich in die Alpen, um nicht nur das Tour-de-France-Feeling hautnah zu erleben, sondern vor allem selbst die Berge hinaufzufliegen. Galibier, Col de la Loze oder Col d'Izoard um nur drei klanghafte Namen zu nennen.

 



Etappe 1: Cornet de Roseland - Col du Pré

Startort: Bourg St. Maurice

Zielort: Bourg St. Maurice

Distanz: 88 Kilometer

Höhenmeter: 2.659 Höhenmeter

Anstiege: 3

Cormet de Roselend (1968 m)

Col du Pré (1748 m)

Cormet de Roselend (1968 m)

 

Ein prägender Rennradtag. Zum Auftakt in unsere Rennradwoche, und einen Tag bevor der Tour-de-France-Tross über den Cormet de Roselend schreitet, machen wir uns von Bourg St. Maurice auf den knapp 2.000 Meter hohen ersten Anstieg auf. 2019 haben wir den Pass im Rahmen der L'Etape du Tour mit Massen von Rennradbegeisterten und großer Hitze von Beaufort aus erklommen, nun gehen wir den rhythmischen Anstieg von der Westseite an. Das Wetter: durchwachsen, immer wieder regnerisch. Der Aufstieg trotzdem ein Genuss und bei 6% Steigung im Schnitt und 19,3km Länge ein angenehm fordernder Einstieg in die Woche.

 

An der Passpitze trennt sich dann die Spreu vom Weizen - Gruppe 1 jagt die Abfahrt nach Beaufort hinunter, Gruppe 2 macht sich auf den kurzen direkten steilen Anstieg zum Col du Pré. Ein Bilderbuch-Panaroma eröffnet sich am Stausee. Die 1. Gruppe ist noch mitten im Anstieg über den Col du Pré zurück zur Passhöhe vom Roselend. Wie Nadelstiche bäumen sich immer wieder Rampen von weit über 10% Steigung auf - im Wiegetritt wird sich Meter um Meter hinaufgekämpft. Nach etwas mehr als 4:30 Stunden Fahrzeit ist erneut die Passhöhe vom Roselend mit dem Staudamm erreicht - eine leichte Abfahrt lässt die Strapazen vergessen. Es sind schon viele Wohnmobile am Straßenrand, um den perfekten Platz für die morgige Tour-de-France-Etappe zu sichern. Aber einige parken wohl falsch. Eine Streckenkontrolle auf dem Motorrad überholt uns, möchte wohl Falschparker ermahnen. 

 

Dann der Schock! Eine Motorradfahrerinnen, die uns gerade noch überholt hat, macht unvermittelt und ohne nach Hinten zu sehen einen U-Turn. Fabian kann gerade noch rechts ausweichen, Peter nach links, so den Crash mit dem Motorrad zwar verhindern, aber den Aufschlag mit der Felswand nicht vermeiden. Er rutscht auf dem Kies ab, und steigt mit einem Salto über den Lenker ab. Fuck! Wir stehen unter Schock - Peter, voller Adrenalin lächelt den Schmerz zuerst weg. Der Helm ist demoliert, hat ihn zum Glück am Kopf geschützt. Jedoch schmerzt der Nacken. Schwindel. Sofort ist eine Arzthelferin zur Stelle, die ein wenig weiter unten aus einem Wohnmobil heraus alles mitverfolgt hat. Sie leistet Erste Hilfe und ruft den Krankenwagen. Peter bekommt einen Nackenstütze - dann geht's nach Albertville ins Krankenhaus. Die Diagnose niederschmetternd. Er kann die Tour nicht fortsetzen, und wird wenige Tage später und nach einer Operation zurück in die Heimat geschuttelt. Peter #getwellsoon und #comebackstronger 

 

 

 

Wie gehts nun weiter?

 

Der Schock sitzt auch bei uns tief. So eine Situation haben wir auch noch nie erlebt - und wünschen wir auch keinen zu erleben. Sind wir zu viel Risiko gegangen? Waren wir fahrlässig? Hätten wir den Unfall vermeiden können? Alle drei Fragen können wir klar mit NEIN beantworten. Diese Situation war nicht vorhersehbar, konnte nicht antizipiert oder vermieden werden. Sollen wir abbrechen und abreisen? Auch das haben wir disktutiert und uns entschieden weiter zu fahren. Mit Peter stehen wir im ständigen Kontakt und besuchen ihn fortlaufend in Albertville im Krankenhaus, bevor er zurück nach Deutschland transportiert wird.

 

Natürlich schärft so ein Erlebnis die Sinne - und die kommenden Etappen gehen wir noch vorausschauender an. 

 



Etappe 2: Tour de France

Die Tour vor der Tür. Regen, eisige Kälte. Heute stand nur eine kurze Ausfahrt an - bevor es zum Berg ging, um die Tour-de-France live zu erleben. Unsere ursprüngliche Idee nach Tignes zum Zielort zu pedalieren, haben wir schnell verworfen, weil das bei Dauerregen und eisiger Kälte keinen Sinn ergab.

 

Knapp 350hm und 23km ging es für uns im Sattel bergauf und wieder hinunter, die Jungs mit dem Abstecher nach Les Arcs auf 1800m hatten knapp 1.000 Höhenmeter absolviert.

 

Auch den Profis im Peloton waren die Strapazen anzusehen - denn sie hatten 145km und 4.625 Höhenmeter auf dem Tacho als sie in Tignes ankamen. Durchnässt, erschöpft, am Ende. Ben O`Connor gewann die Etappe, unsere Anfeuerung galt vor allem dem Augsburger Georg Zimmermann, der sich respektabel schlug und mit den Radsportgrößen mithielt.

 

 

 



Etappe 3: Col de la Loze

Startort: Bourg St. Maurice

Zielort: Bourg St. Maurice

Distanz: 125 Kilometer

Höhenmeter: 2.838 Höhenmeter

Anstieg: Col de La Loze (2.304m)

 

Col de la Loze - noch nie gehört? Wer ihn fährt, wird den Namen nicht mehr vergessen. Das verspreche ich.

 

Der Col de la Loze verbindet die Wintersportorte Meribel und Courchevel und wurde als reiner Radweg angelegt, der für den automotorisierten Verkehr gesperrt ist. Er führt auf ingesamt 2.304m Höhe zum Skilift "Loze" -  dem Namenspatron des Anstiegs, der bereits zweimal Bestandteil der Tour war.

 

Eigentlich klingt es so schön: Kein Autoverkehr, ein Fahrradsträßchen ganz für sich alleine, dazu die atemberaubenden Blicke auf die französischen Alpen und schneebedeckten Gletscher. Zum "aber" kommen wir gleich.

 

Wir starten von Bourg-St. Maurice über die sehr befahrene Hauptstraße bis nach nach Brides-les-Bains. Dort beginnt der Anstieg zum Wintersportdomizil Meribel. Dieser ist gut ausgebaut, schließlich schlängeln sich hier im Winter die Autokolonnen in den Touristen-Ort. Am Ende von Meribel beginnt an einem Wendekreis der eigentliche Anstieg zum Col de la Loze. 7km mit durchschnittlich über 10% Steigung und immer wieder immensen Rampen von mehr als 20%. Ein Alptraum. Sowohl im positiven als auch im negativen Sinne: Es ist wirklich einmalig einen so geschützten, verkehrsberuhigten Pass genießen zu dürfen, aber die immense Steilheit der in den Fels gerammten Asphaltstraße raubt einen alle Kräfte und teilweise auch Motivation, wenn man vorausblickend erahnt, was einen noch erwartet. 

 

Ein französischer Velo-Freund hat laut Quäldich.de den Pass als "massacre de montagne" bezeichnet. Eine wirklich nachvollziehbare Einschätzung. Aber wie so oft ist es auch hier - überwindet man alle Qualen und schindet sich den Berg hoch, gibt es danach kein besseres Gefühl, als oben am Gipfel zu thronen und in die Weite zu blicken.

 

Empfehlung an alle: Machen! Aber vorbereitet sein.

 

 

  


Etappe 4: Tignes 2000

Startort: Bourg St. Maurice

Zielort: Bourg St. Maurice

Distanz: 65 Kilometer

Höhenmeter: 1.553 Höhenmeter

Anstieg: Tignes 2000 (2.000m)

 

Da der Wetter-Forecast vor allem im Hochgebirge wieder Starkregen und heftige Windböen hervorgesagt hat, mussten wir auch heute wieder den Plan leicht ändern. Anstatt dem langen Anstieg zum Col de L'Iseran - der höchsten Passtraße der Alpen - ging es zum Bergsprint hinauf nach Tignes 2000. Wenige Tage nach der Tour de France-Zielankunft war es im Ziel aber nicht mehr glamourös, der Anstieg über manches Nebensträßchen aber ganz nett und zumindest der Blick zum Lac du Chevril ansehnlich. 

 

Ansonsten ist die Hauptstraße nach Tignes bzw. Val d'Isere stark befahren, mit vielen Kleinlastern, die auf Jean Alesis Spuren hinaufjagen.  

 


Etappe 5: Col de La Croix de Fer - Col du Glandon

Startort: Saint-Jean-de-Maurienne

Zielort: Saint-Jean-de-Maurienne

Distanz: 66 Kilometer

Höhenmeter: 1.939m

Anstieg: Col de La Croix de Fer (2.067m), Col du Glandon (1.924m)

 

Auf dem Weg zur zweiten Unterkunft, die etwas südlicher in Briancon liegt, wollen wir noch einen kleinen Pass erklimmen. Die Lacets von Montvernier zum Beispiel. Das Auto parken wir in Saint-Jean-de-Maurienne. Das Wetter ist heute wirklich traumhaft, keine Regenwolken, nicht zu heiß. Perfekt also. Warum dann nur ein kurzer Anstieg? 

 

Ja gut, dann also doch auf zum Col de La Croix de Fer. Der Anstieg zum "Eisernen Kreuz" genießt - zu Unrecht - meist nur ein Schattendasein, weil er bei der Tour oft als Brückenpass zum finalen Anstieg nach Alpe d`Huez fungiert. Rennradkenner schätzen und lieben den Anstieg. Wir auch. Knapp 30 Kilometer geht es von SJdM bergauf zum Gipfel, der auf 2.067m liegt, bei im Schnitt 5,7% Steigung. Es wechseln sich steile Passagen, entspannte Abschnitte und besonders im oberen Bereich superschöne, enge Serpentinen ab. Sogar das ein oder andere Murmeltier pfeift am Wegesrand. Mit seiner Länge und insgesamt knapp 1.700 Höhenmeter ist der Anstieg aber kein Zuckerschlecken, sondern zurecht ein Anstieg der "hors categorie".

 

Am Pass kann man sich entweder einen Espresso oder kleines Bierchen gönnen, oder die Abfahrt zum Col de Glandon angreifen, der etwas unterhalb auf 1.924m endet - gut, man muss das Stück danach wieder rauf.

 

 



Etappe 6: Col d'Izoard

Startort: Briancon

Zielort: Briancon

Distanz: 40 Kilometer

Höhenmeter: 1.300 Meter

Anstieg: Col 'Izoard (2.360m)

 

"Der Weg zu einer einmaligen Mondlandschaft" wie Rudolf Geser in seinem Buch "100 Alpenpässe mit dem Rennrad" titelt. Wir haben Mega-Vorfreude auf diesen für uns neuen Anstieg: den Col d'Izoard. 

 

Die Mondlandschaft, die Felswüste schießt Cyclisten sofort in den Sinn wenn man den Namen Izoard erwähnt. Wie Galibier, Ventoux oder Tourmalet steht der Izoard für pure Radsportgeschichte.

 

Zeit, unser Kapitel zu schreiben. Wir starten direkt an der Nordrampe von Briancon und haben 19,2km, 1211hm und im Schnitt 6,3% Steigung vor uns. Und heute ist ein besonderer Tag: Der Anstieg ist am Vormittag für den Autoverkehr gesperrt und den Radfahrern überlassen. Das macht so einen Anstieg besonders attraktiv. 

 

Nach der steilen Anfahrt durch Briancon geht es kommod durch die Cerveyrette-Schlucht entlang im Grünen. Man kann die kommende Herausforderung nur erahnen, denn erst ab Bois de Péméant geht es ins Eingemachte - erst führen steile Serpentinen durch den Lärchenwald mit bis zu 12%, bevor es am Refuge Napoleon dann in den berühmt-berüchtigten kahlen Schlussanstieg geht - eingekesselt von den riesigen Geröllfelsen. Beeindruckend! Oben am Pass pfeift der Wind ordentlich, es fängt an zu Regnen - hätte gefühlt auch Schneien können so zapfig ist es. Also: ab in die Abfahrt nach unten, zurück ins Warme.  

 

 


Etappe 7: Col du Lautaret - Col du Galibier - Col de Télégraphe - Col du Galibier

Startort: Briancon

Zielort: Briancon

Distanz: 145 Kilometer

Höhenmeter: 3.797 Meter

Anstieg: Col du Lautaret (2.058m), Col du Galibier (2.645m), Col de Télégraphe (1.566m), Col du Galibier (2.645m)

 

Das Gute an einem Pass ist ja: Er verbindet zwei Täler miteinander. Das bedeutet jedoch auch: Wenn ich in einem Tal starte und ins Andere abfahre, führt der kürzeste, direkte Weg in der Regel auch wieder über den Pass zurück.

 

Wenn dieser Pass dann nicht irgendein Anstieg ist, sondern den Namen "Galibier" trägt und auf 2.645m Höhe liegt - dann verspricht der Tag episch zu werden, zumindest für Fabian und Collin,  die diesen Doppelanstieg angreifen.

 

Bis dato sind wir den Galibier bereits zweimal gefahren - stets aus dem Maurienne-Tal über den Télégraphe. Nun steht erstmalig die Variante über den Col du Lautaret aus dem Oisans an. Bis zum Lautaret sind es von Briancon aus 26km und 800hm bei 3,1% im Schnitt. Auf breiten Straßen - die allerdings sehr stark befahren sind - lässt sich das gut meistern. Es ist aber klar: das ist nur die Ouvertüre zum eigentlichen Galibier-Anstieg, der ab dem Lautaret beginnt und einen ganz anderen Charakter aufweist.

 

Die Straße wird eng, schlängelt sich an der Felswand entlang und der Autoverkehr nimmt deutlich ab. Es ist eine Genussfahrt - natürlich eine Herausfordernde. Aber die 8,6km und 600hm bei im Schnitt 7% Steigung lassen sich gut einteilen und meistern. Das ist Rennradfeeling und Pässegenuss pur. Oben angekommen hat man diese einmalige Aussicht zu beiden Seiten, mit dem Panorama , das vom Mont Blanc über weitere Viertausender reicht. 

 

Währenddessen sind Fabian und Collin längst in der Abfahrt nach Valloire oder sogar schon im leichten Gegenaufstieg zum Télégraphe. Ihr könnt HIER nachlesen, was diesen Anstieg so einmalig macht. 

 

Doch egal von welcher Seite: Der Galibier ist ein König, ein absoluter Traum und sollte in keiner Passsammlung fehlen. Erstmalig wurde er 1911 bei der Tour de France überquert. Er ist zum Denkmal der Radsportgeschichte geworden. 

 

 




Etappe 8: Col de L'Echelle

Startort: Briancon

Zielort: Briancon

Distanz: 48 Kilometer

Höhenmeter: 677 Meter

Anstieg: Col de L'Echelle (1.766m)

 

 

Während die erste Gruppe nach dem gestrigen Highlight sich bereits auf den Heimweg machte, ging es für Fabian, Kjell und Collin noch zwei weitere Tage in die Pedalen. Als kleine Erholungsetappe stand heute der Col de L'Echelle an - ein Anstieg, der östlich von Briancon in Richtung Italien führt und auf der anderen Seite auch auf der italienischen Seite endet. Die knapp 17 Kilometer lassen sich bei 404hm entspannt radeln - auch wenn der Pass natürlich nicht die spektakuläre Vielfalt und Aussicht der letzten Tage zu bieten hat. 

 


Etappe 9: Col d'Izoard

Startort: Briancon

Zielort: Briancon

Distanz: 88 Kilometer

Höhenmeter: 1905 Meter

Anstieg: Col d'Izoard (2.306m)

 

Das Finale furioso dieser Radwoche serviert noch einmal der Col d'Izoard - jedoch dieses Mal von südlicher Richtung. Von Briancon aus geht es zunächst rund 30km leicht hügelig oder bergab nach Guillestre, von wo die Südrampe startet. 14km und 1030hm bei 7,4% Steigung stellen noch einmal ein herausforderndes Abschlussprogramm dar.

 

Optisches und auch sportliches Highlight ist die "Casse désserte", die den Schlussanstieg einläutet. Die Felsen türmen sich hier zu bizarren Formation in dieser mondartigen Felslandschaft - bei heißem Wetter ist diese karge Einöde zudem ein richtiger Glutofen, der alles fordert. Welch ein Abschluss dieser langen, ereignisreichen Radwoche!